Medienmitteilung: «Ausführungen zum Bericht Mobilfunk und Strahlung»

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Zürich, 28. November 2019  Der langerwartete Bericht der Arbeitsgruppe Mobilfunk und Strahlung wurde heute, am 28. November 2019 veröffentlicht. Grundsätzlich gilt es festzuhalten, dass der vorliegende Bericht von Stakeholdern verfasst wurde und kein Verein als Vertretung von Betroffenen eingeladen wurde. Das vorliegende, 120-seitige Dokument ist sehr umfangreich und möchte Druck machen, den Grenzwert zu erhöhen. Anscheinend wurde vergessen, dass der Ständerat schon zwei mal nein zu einer Grenzwerterhöhung gesagt hat. Im Bericht wurden die ausgearbeiteten Ansätze vom BAKOM in Kosten umgerechnet. Die Preise sind Behauptungen, unrealistisch und viel zu hoch angesetzt, sie dienen um Druck auf die Bevölkerung, Politik und Behörden auszuüben.

Der Bericht bestätigt die Wichtigkeit des im Umweltgesetz verankerten Vorsorgeprinzips und führt weiter aus, dass Mobilfunkstrahlung noch immer als möglicherweise krebserregend deklariert ist. Das Summary wird von allen Teilnehmenden der Arbeitsgruppen getragen. Ergänzend zum Bericht weisen wir darauf hin, dass das beratende Expertengremium der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) im April 2019 eine dringende Neubewertung des Krebsrisikos aufgrund neuer, besorgniserregender Studien vorgeschlagen hat.

Wir begrüssen die Empfehlung zur Schaffung einer ärztlich geleiteten, umweltmedizinischen NIS-Fachstelle. Damit kann das Erfahrungswissen gesammelt werden und die Fachstelle stellt eine Ergänzung zur Risikoforschung dar, damit endlich auch Praxiswissen als Erkenntnisse zum Thema Elektrosmog in Betracht gezogen wird.

In den Optionen, welche nicht von allen Teilnehmenden getragen werden, stehen unter anderem bedenkliche Inhalte wie zum Beispiel die Erhöhung der Leistungsgrenze von Mikrozellen von 6 auf 100 Watt ERP. Aktuell unterstehen Mikrozellen bis 6 Watt ERP Sendeleistung keinen Anlagegrenzwerten. Diese Lücke ist problematisch: so werden Mikrozellen beispielsweise bei Kinderspielplätzen oder als Bodenantennen in der Nähe von Strassencafés aufgestellt. Diese strahlen nachweislich viel stärker als der Anlagegrenzwert.

Der in den Optionen geforderte Anlagengrenzwert für Mikrozellen ist unabdingbar. Er dient dem Schutz vor übermässiger Strahlenbelastung an Orten wie z.B. Kinderspielplätzen, was eine Leistungslimitierung nicht erreichen kann. Martin Zahnd, Verein «Schutz vor Strahlung»

Ganz besonders hervorzuheben ist der Vorschlag der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz und des Städteverband, welche eine Trennung der Innen- und Aussenraumversorgung vorschlagen und damit dem Ruf der Betreiber nach noch mehr und noch stärkeren Grossantennen entgegnen. Bei dieser Umsetzung könnte der Anlagegrenzwert um das zehnfache gesenkt werden. Es ist wirklich nicht nötig, dass unser Wohnraum mit starken Strahlenkeulen belastet wird. Geschätzte 80% des Datenvolumens werden im Gebäudeinnern erzeugt. Deshalb soll das Glasfasernetz für eine nachhaltige Zukunft unbedingt ausgebaut und Fibre to the Home (FTTH) gefördert werden.

Als weitere sinnvolle Forderung unterstützen wir, dass der Grenzwert für Mobilfunkantennen im Worstcase (Spitzenwert) und nicht als Durchschnittswert gemessen wird. Stellen Sie sich vor, man würde bei Lärm einen Mittelwert messen und diesen zusätzlich auf 6 Minuten durchschnittlich rechnen. Ein Schiessstand wäre damit leiser als der Strassenlärm einzustufen. In der Realität würden wir aber ohne Pamir am Schiessstand taub.

Was gänzlich fehlt ist die Besteuerung von Mobilfunk. Grundsätzlich können Daten über das Festnetz (Kabel oder Glasfaser) oder über das umwelt- und gesundheitsbelastende Mobilfunknetz übertragen werden – weil das Mobilfunknetz den Menschen gesundheitlich belastet, gibt es hier auch Grenzwerte. Als Vergleich der Personenverkehr: Menschen können mit dem Auto oder mit dem öffentlichen Verkehr reisen. Der umweltbelastende Autoverkehr wird besteuert und der weniger umweltbelastende öffentliche Verkehr wird nicht besteuert. Damit wird versucht, ein preisliches Gleichgewicht zu erreichen. Das Gleiche sollte beim Mobilfunk auch umgesetzt werden. Der Mobilfunk müsste besteuert werden, um den Festnetzanschluss attraktiver zu machen.

Der Bericht hat leider nicht die erwartete Klärung gebracht. Für uns ist unklar, wer nun das weitere Vorgehen bestimmt und insbesondere wer entscheidet, wie die bald erwartete Vollzugsempfehlung aussehen wird.


Kontakt Verein «Schutz vor Strahlung»
Martin Zahnd, Ressort Politik
martin.zahnd@schutz-vor-strahlung.ch, 044 341 76 60

3 Kommentare zu diesem Beitrag

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  1. Frau Bundesrätin Simonetta Sommaruga muss jetzt sagen wie’s weiter geht. Werden die Grenzwerte erhöht? Welche Interessen gewichtet sie mehr? Die der MF-Betreiber und Wirtschaft oder die Schutzinteressen der breiten Bevölkerung? Oder noch anders gefragt: Geld vor Gesundheit?
    Bei den Forderungen um Erhöhung der Grenzwerte der MF-Branche wird sie und das nationale Parlament Antwort geben müssen.

    Zu hoffen bleibt dabei, dass die Bundesrätin auch verschiedene Strategien und Beschlüsse des Bundes zur Beurteilung ihres Entscheides konsultiert. Z.B.:

    – Die Strategie Digitale Schweiz, BAKOM Sept. 2018: 1. Grundsatz: Den Menschen in den Mittelpunkt stellen (…Menschen in den Mittelpunkt einer inklusiven demokratischen Informations- und Wissensgesellschaft…. / ….der Schutz der Person und ihrer Rechte sowie mehr Möglichkeiten, sich auch unter digitalen Bedingungen aktiv im politischen und gesellschaftlichen Leben einzubringen.)
    – Energiestrategie 2050 des Bundes: Mit 5G wird bis zum Jahr 2030 eine exponetielle Zunahme auf 20-50% des Stromverbrauchs prognostiziert – trotz Effizienzsteigerung der Geräte! Das nennt man Rebound-Effekt.
    – Klimaziele ade! 5G wird enorme Ressourcen verbrauchen und den Energieverbrauch massiv ansteigen lassen.

    Das sind alles Strategien und Ziele des UVEK’s. Frau Bundesrätin Somaruga ist definitiv nicht zu beneiden bei ihren Entscheidungen. Sie hat es aber als Erste in der Hand! Jetzt gilt es nach den Wahlen ernst! Wie ernst ist die grüne Welle? Wie ernst nimmt es die Umweltdirektorin? Was hat Priorität? Sinnloses Wirtschaftswachstum in der Mobilfunkbranche oder der Umweltschutz gemäss bestehendem Umweltrecht? Wir sind sehr gespannt!

    1. Herzlichen Dank auch von mir für die umgehenden Einschätzungen. Der Vergleich mit dem Schiess- und Strassenlärm könnte nicht treffender sein! Bravo!