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Adaptive Antennen. Gehört der Korrekturfaktor nicht in die Verordnung?

Um was geht es?
Am 23. Februar wurden vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) die angekündigten Vollzugshilfen für die Kantone für den Umgang mit adaptiven Antennen publiziert. Für adaptive Antennen gilt neu ein Korrekturfaktor; sie dürfen mit einer bis zu zehnmal stärkerer Leistung senden als konventionelle Antennen. Damit wird der Anlagegrenzwert indirekt erhöht um einen Faktor 3.2. Das heisst, dass für adaptive Antennen quasi ein höherer Grenzwert gilt; für Wohnungen beispielsweise nicht wie für konventionelle Antennen 6 Volt pro Meter, sondern 19 Volt pro Meter. Ich bitte den Bundesrat in diesem Kontext um die Beantwortung folgender Frage: Beim eingeführten Korrekturfaktor handelt es sich um eine wesentliche Änderung der rechtlichen Grundlagen. Ist der Bundesrat der Ansicht, dass die Vollzugshilfe der angemessene Ort ist, einen solchen Korrekturfaktor einzuführen und nicht viel mehr die Verordnung angepasst werden müsste?
Unsere Meinung:
Danke für die Einreichung dieses Geschäftes.

Marionna Schlatter, GP Schweiz, hat Recht: Die Erhöhung der Grenzwerte bei 5G mittels Einführung des «Korrekturfaktors» gehörte zwingend in die Verordnung und nicht in die Vollzugshilfe für adaptive Antennen. Die jetzige Lösung verletzt das Legalitätsprinzip. Beachten Sie unere Medienmitteilung über das Rechtsgutachten der BPUK.

Eingereicht von:
Schlatter Marionna
Grüne Fraktion
GRÜNE Schweiz
Eingereicht am:
9. März 2021
Eingereicht im:
Nationalrat
Stand der Beratungen:
Erledigt

Stellungnahme des Bundesrates vom 26.05.2021

Mobilfunkanlagen müssen den Anlagegrenzwert der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV, SR 814.710) einhalten. Diese Anforderung gilt im sogenannten massgebenden Betriebszustand. Anhang 1 Ziffer 63 der NISV legt fest, wie dieser zu bestimmen ist. Grundsätzlich wird auf den maximalen Gesprächs- und Datenverkehr bei maximaler Sendeleistung abgestellt. Der Bundesrat hat diese Vorgabe am 17. April 2019 ergänzt: Bei adaptiven Antennen muss die Variabilität der Senderichtungen und Antennendiagramme bei der Beurteilung berücksichtigt werden.

Adaptive Antennen können im Gegensatz zu konventionellen Antennen die Richtung der Strahlung kurzzeitig variieren und auf die Nutzenden ausrichten. Dabei wird die für eine Antenne verfügbare Sendeleistung aufgeteilt, wenn Signale in verschiedene Richtungen abgestrahlt werden. Die Sendeleistung ausserhalb dieser Richtungen geht während dieser Zeit zurück. Mit der Ergänzung der NISV sorgt der Bundesrat dafür, dass diese Antennen gegenüber konventionellen Antennen weder privilegiert noch benachteiligt werden.

In der Vollzugshilfe für adaptive Antennen vom 23. Februar 2021 (Nachtrag zur Vollzugsempfehlung für Mobilfunk- und WLL-Basisstationen) präzisiert das Bundesamt für Umwelt (BAFU) zuhanden der Vollzugsbehörden, wie sie die Variabilität der Senderichtungen und Antennendiagramme berücksichtigten können. Es stützt sich dabei auf die heutigen wissenschaftlichen Kenntnisse und auf Messungen des Bundesamts für Kommunikation (BAKOM). Mit der Vollzugshilfe werden die geltenden Rechtsgrundlagen in einer sehr technischen Materie stufengerecht präzisiert. Sie werden nicht geändert. Insbesondere gelten weiterhin dieselben Grenzwerte. Berücksichtigen die Vollzugsbehörden die Vollzugshilfe des BAFU, so können sie davon ausgehen, dass sie das Bundesrecht korrekt vollziehen. Abweichende Lösungen wären zulässig, wenn die Variabilität der Senderichtungen und der Antennendiagramme adaptiver Antennen auf andere Weise sachgerecht berücksichtigt wird. Eine Regelung des Korrekturfaktors in der Vollzugshilfe ist somit sachgerecht.

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